Tag 1
Guten Morgen! Da ist sie nun, die Apokalypse. Gestern wurde nun doch beschlossen, Schulen und Kitas auch in Brandenburg zu schließen. Es gibt genaue Handlungsanweisungen und eigentlich unmissverständliche Aussagen der verschiedenen Pressekonferenzen. Wobei mir die vom Robert Koch Institut noch immer die Liebste ist.
Das Robert Koch Institut schreibt zu den aktuellen Fallzahlen:
„Stand: 13.3.2020, 15:00 Uhr (online aktualisiert um 18:45 Uhr)
Bis zum 13.3.2020 sind in Deutschland 3.062 laborbestätigte COVID-19-Fälle bekannt geworden, das sind 693 Fälle mehr als am Vortag. Davon wurden 2.576 COVID-19-Fälle elektronisch an das RKI übermittelt.“
Wir sind einigermaßen unaufgeregt, vielleicht etwas verunsichert. Gestern gab es noch mal einen kleinen Großeinkauf (kleiner Großeinkauf… hahaha), aber nicht in großen Stückzahlen. Das Sortiment im Einkaufswagen ging eher in die Breite. Shampoo, Duschzeug (man will ja nicht müffeln, wenn man hier so unter sich ist, aber eigentlich muss ich gestehen, dass der hemmungslose Einsatz der Kinder von diesen Waschutensilien uns regelmäßig an unsere Grenzen bringt. Neben dem üblichen Meckern und Ermahnen des Nachwuchses wird eben noch mal aufgestockt), Mehl (janz ruhig-es soll selbstgemachte Pizza geben), Gemüse und Obst (wegen der Gesundheit), Toilettenpapier gab es leider nicht mehr (also Verzicht-wird schon gut gehen), Milch, Marmelade, Apfelmus gab es nur noch in teuer (sollte für Pancakes sein, nun gut-dann eben nicht), Creme, verschiedene Reinigungsmittel, Grillkohle (nur zur Sicherheit, in Riesa war heute komplett der Strom weg, habe ich gelesen), Hunde-und Katzenfutter und Kokosöl für meine Seife.
Ich mache wieder Seife, eigentlich wollte ich warten, bis es wärmer wird. Die Herstellung der Lauge ist nicht ohne. Es entstehen Dämpfe, die ich nicht im Haus haben möchte. Einatmen schon gar nicht. Nun gut, vorgestern habe ich meine erste Seife dieses Jahr in der Küche gemacht, Fenster auf, Lüftung an. Heute erfolgt der Anschnitt und ich teste meinen ersten Stempel. Dazu schreibe ich dann extra etwas.
Kleine Zwischenbemerkung: Leider kann ich meine Seife noch nicht schneiden. Sie ist einfach noch zu weich. Vielleicht habe ich es mit der Überfettung übertrieben. Da muss ich noch mal nachrechnen und recherchieren.
Ach und die Hausapotheke haben wir um Nasenspray, Hustensaft und Ibu aufgestockt.. Wenn schon dem Tode geweiht, dann kopfschmerzfrei.
Die Nachrichten über Corona überschlagen sich den ganzen Tag. Es ist so surreal. Da hat man immer fasziniert, alle Endzeitfilme gesehen, sich nägelkauend beim Anschauen gefragt, was man selbst getan hätte und da ist er nun: Der Tag, wo man sich genau mit diesen Gedanken auseinander setzen kann. In meinem Kopf überschlagen sich die Bilder: Survivaltraining im Wald, Filetieren der Haustiere, Gefahrenabwehr bettelnder Nachbarn, hungernde Einbrecher nachts, Einteilung der Rationen für unbestimmte Zeiträume, Reis und Bohnen ohne Salz…
Bisher wissen wir natürlich nicht, ob Ironie, Sarkasmus und Humor überhaupt angebracht sind, aber man merkt, dass es den Menschen hilft. Und mich freuen die Balkongesänge der Italiener, mutmachende Geschichten über Solidarität und Hilfen für die in Quarantäne ausharrenden Menschen. Vielen verschaffen diese Tage ungeahnte Freizeit, ausschlafen und Zeit mit der Familie.
Wir waren damals lange genug isoliert, es gab keine Besuche bei uns, wir besuchten nicht, wir wuschen ständig Hände, wechselten die Draußenklamotten, gaben keine Hände, hatten immer Desinfektion dabei. Kommt dies jemanden bekannt vor?
Beim Kinderarzt wurden wir sofort isoliert, bei nicht vermeidbaren Kontakten zur Außenwelt gab es einen Mundschutz für mein Chemokind und ich bellte jeden weg, der sich zu dicht an sie setzte. Misstrauisch beäugte ich hustende und schniefende Kinder. Aber für uns war die Gefahr real-kein Immunsystem bedeutet, dass jeder Infekt, jede unerkannte Krankheit anderer für unser Kind tödlich hätte enden können. Und heute zählt sie als chronisch krank, aber wie weit sie in der Risikogruppe steckt, habe ich noch nicht erfragt. Einfach, weil ich denke, dass jetzt Ärzte genug um die Ohren haben. So entscheiden wir, dass die Jüngste besonders geschützt wird. Sie ist bereits schon zwei Wochen zu Hause.
Unser Elfenkind hatte diese Woche bereits Vorprüfungen für den Abschluss der zehnten Klasse. Eine fehlt noch, die Englischvorprüfung, und ich hoffe, dass diese Montag noch abgehakt werden kann. Dann ist auch für Sue Heck Pause. Gespannt bin ich, wie der Hausunterricht organisiert wird. Gibt es ellenlange unkommentierte Aufgaben und schlecht kopierte Arbeitsblätter oder zaubert noch jemand die Betaphase einer suboptimalen Schulsoftware zutage? Aber ich habe gehört, Mails gehen immer.
Aber Scherz beiseite, auch das hatten wir letztes Jahr: Hausunterricht. Hin und wieder war sogar ein Lehrer dabei. Wir haben auch Online-Angebote genutzt und ich war kurz davor, Sofatutor zu abonnieren. Aber auch hier stand der Preis nicht in einem guten Verhältnis zum wahrscheinlich nicht stattfindenden Erfolg. Glaubt mir, es gibt irre viele sehr gute kostenfreie Angebote, nach denen man nicht mal lange suchen muss. (bin vorhin über eine kleine Sammlung gefallen, dankt mir später)
Was bleibt mir zu sagen, der Tag 1 der Coropalypse ist wunderschön so rein vong Wetter her, die Kinder sind glücklich, der Mann plant bereits die Nachbarschaftshilfe und ich sehe mir nebenbei Late Night-Die Show ihres Lebens an. Weil ich Emma Thompson so gern sehe…
20.50 Uhr: Der Tag ist fast geschafft. RKI schreibt:
„Stand: 14.3.2020, 15:00 Uhr (online aktualisiert um 20:00 Uhr)
Bis zum 14.3.2020 sind in Deutschland 3.795 laborbestätigte COVID-19-Fälle bekannt geworden, das sind 733 Fälle mehr als am Vortag. Davon wurden 3.421 COVID-19-Fälle elektronisch an das RKI übermittelt.“
In Social Media werden witzige Bildchen, umgedichtete Texte und Lieder geteilt. Ich gestehe, dass ich einiges sehr witzig finde. Die Nachrichten, vor allem aus Italien, sind nicht witzig-eher traurig. Und ich hoffe, wir haben es auch hier verstanden. Morgen machen wir uns Pläne für die Woche. Die Kinder möchten und brauchen einen Rahmen. Bis morgen.