Tag 13 – Alles wie gehabt
Ich sollte wieder frühs anfangen zu schreiben. Da fällt mir mehr ein. Abends bin ich nur noch platt. Deshalb fielen mir meine Textereien bei Edelight vor ein paar Jahren auch immer so schwer. Ich hatte tagsüber das Kleinkind zu betreuen und stets die Deadline der Textabgabe im Auge. In die Kita durfte ich Sue Heck nicht bringen, da meine gewerbliche Tätigkeit nicht anerkannt wurde. Ich solle doch bitte abends schreiben, riet mir die Sachbearbeiterin des Amtes, wenn der Mann dann daheim ist. Als wäre es irgendein Hobby. Mein Widerspruch über den Landkreis zog sich mehrere Monate hin, doch dann bekam ich Recht. Habe allerdings meine Aufträge fast verloren.
Nun gut. Wie ist denn der Gesundheitszustand der Deutschen heute? Leider gibt es noch nichts nettes zu berichten. Über 40000 Infizierte und ca 200 Tote. Es gibt viele Pressekonferenzen, die mehr Unzufriedenheit und Angst auslösen, als mir lieb ist. Und es sollen ganz nebenbei umstrittene Gesetze durchgewunken werden, wie das Reha- und Intensivpflegegesetz. Und um alles zu übertönen, wird noch mal geklatscht für alle systemrelevanten Berufe. Natürlich jeweils mit Sicherheitsabstand.
Seit drei Tagen versuche ich etwas spanisch zu lernen. Aber es bleibt gar nichts hängen? Mein fortgeschrittenes Alter oder falscher Sprachkurs? Ich merke auch gerade, dass mir die unterlegte klassische Musik richtig auf die Nerven geht. Angeblich soll genau das den Lernerfolg bringen. Ich höre eigentlich nur das Gefidel. Mutschas graziass.
Dafür ist der Flur endlich zu Ende gestrichen. Besichtigungen werden in ein paar Monaten durchgeführt. Ein zweistündiger Rundgang sollte als Minimum erst einmal reichen. Kleine Gaben nehme ich gern entgegen. Vielleicht schreibe ich auch ein Buch darüber. Na gut, eine Broschüre sollte aber drin sein, oder?
Mal im Ernst, das war sehr zeitaufwendig. Aber ich konnte alle Schandflecken überschminken. Jetzt muss ich niemanden mehr vor der Tür abwehren und Übelkeit und schwere Krankheiten vortäuschen. Jeder darf mein Kunstwerk bestaunen. Strahlend weiße Wände vom Anfang bis zum Ende. Der einzige aufgeräumte Raum im ganzen Haus. Mit frischen Blumen. Herrlich.
Sue Klein erbat sich von mir Hilfe bei den Deutschaufgaben. Welch eine Ehre. Sie läuft eben abends um halb acht zur Höchstform auf. Wir haben zwei Seiten geschafft, zusammen Wörter aus Wortstämmen und vorgegebenen Präfixen und Suffixen gebildet.
Dafür, dass ich sie nicht drängeln darf, sie ihr Tempo bei den schulischen Aufgaben bestimmt, ist sie schon gut voran gekommen. Also ich kann nicht bestätigen, dass meine Kinder angeleitet werden müssen bzw. einen Tagesplan benötigen. Sie lernen gerade selbst, ihre Angelegenheiten zu planen und auszführen. Sue Heck ist etwas nervöser, hat Angst, nicht alles zu schaffen. Ob und wann die Abschlussprüfungen der zehnten Klasse stattfinden, ist offen. Zur Zeit herrscht auch hier großes Durcheinander mit wirren Ideen und Forderungen. Eine klare Linie für alle wäre nicht nur für die Abiturienten wichtig. Bleiben Sie dran und schalten Sie morgen wieder ein. Gute Nacht!